Es passiert häufig, dass die Ziele, zur Bildung einer neuen Gewohnheit, zu hoch gesteckt werden. Wir wollen zu viel auf einmal. Dadurch sind wir zu eingeschüchtert um überhaupt zu beginnen. Das ist selbstverständlich keine Ideale Voraussetzung um in eine Routine zu kommen. Ein Trick ist, die ersten Minuten so einfach wie möglich zu gestalten, um erstmal in Schwung zu kommen. Der Rest läuft dann oftmals von ganz alleine ab. Daher lautet das Motto dieses Beitrags: Aller Anfang ist leicht.
Zurück zur Tiny Habits Methode
Wie im ersten Beitrag über die Tiny Habits Methode beschrieben, gibt es drei Aspekte die zur Bildung neuer Gewohnheiten maßgeblich sind:
- Motivation/Leidensdruck/Energie: Wie motiviert bist Du generell um im jetzigen Moment tätig zu werden?
- Anstrengung/Herausforderung: Wie schwer wird es Dir fallen die Handlung überhaupt auszuführen? Als wie groß wird der notwendige Aufwand wahrgenommen?
- Anlass/Auslöser: Gibt es überhaupt einen Anlass tätig zu werden?
In diesem Beitrag möchte ich auf den zweiten Punkt genauer eingehen. Wie können Verhaltensweisen erreichbarer gemacht werden?
Die kreative Gewohnheit
Es gibt ein sehr gutes Buch von Twyla Tharp mit dem Titel “The Creative Habit: Learn It and Use It for Life” (Die kreative Gewohnheit: Lerne sie und nutze sie Dein Leben lang). Tharp ist eine der führenden Choreografen und Tanzlehrer. Sie hat mehrer Veranstaltungen auf dem Broadway inszeniert. Dadurch hat sie sich einige Beachtung in ihrer Branche erarbeitet und genießt ein dementsprechend hohes Ansehen.
Tharp besitzt eine sehr interessante Morgenroutine, die sie so beschreibt: “Ich beginne jeden Tag mit einem Ritual. Ich stehe um 5:30 auf und ziehe meine Sportkleidung an (Legwarmer, Pullover und Mütze). Dann verlasse ich meine Wohnung in Manhatten und rufe mir ein Taxi, dass mich zum “Pumping Iron” Fitnessstudio bringt. Dort trainiere ich zwei Stunden lang. Das Ritual ist allerdings nicht das Hanteltraining und das Stretching selber. Das Ritual ist das Taxi zu rufen. Sobald ich dem Fahrer gesagt habe wo ich hin möchte, habe ich das Ritual absolviert. Es ist eine einfache Handlung aber dadurch, dass ich sie jeden Morgen durchführe wird sie zu einem sich wiederholenden Ritual, dass einfach zu erledigen ist. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit, dass ich den Sport ausfallen lasse oder etwas anderes mache, reduziert. Es ist zu einem weiteren Baustein in meiner Schatzkiste der positiven Routinen geworden. Eine Sache weniger über die ich nachdenken muss.”
Aller Anfang ist leicht
Das interessante hierbei ist, dass sie den Anfang ihrer Routine so einfach wie möglich gestaltet hat. Sie investiert ihre Energie lediglich darin, dass Taxi zu rufen. Dann vertraut sie daruaf, dass der Rest automatisch abläuft. Solange sie dass Taxi ruft, weiss sie, dass sie ins Fitnessstudio gehen und ihr Training absolvieren wird. Mit dem rufen des Taxis stößt sie quasi den ersten Dominostein um, der wiederum nach und nach alle weiteren Dominosteine umstößt.
Das ist vielleicht eine der wichtigsten Ideen überhaupt wenn es um die Bildung von neuen Gewohnheiten geht. Häufig betrachten wir Gewohnheiten als Ganzes. In vorangegangen Beispiel geht es darum zwei Stunden zu trainieren. Dieses Ziel erscheint erstmal als eine sehr grosse Herausforderung. Dass kann dazu führen, dass wir zu sehr entmutigt sind um überhaupt den ersten Schritt zu gehen. Im Gegensatz dazu ist es sehr einfach ein Taxi zu rufen. Dass dauert nicht länger als 2 Minuten.
Die Zwei Minuten Regel
Daraus lässt sich die “Zwei Minuten Regel” ableiten. Diese besagt: “Wenn Du Dir eine neue Gewohnheit aneignen möchtest, sollte die Handlung nicht mehr als zwei Minuten in Anspruch nehmen”.
- Aus “Lese ein Kapitel im Buch” wird “Lese eine Seite”
- Aus “Mache 30 Minuten Yoga” wird “Rolle Deine Yoga-Matte aus”
- Aus “Laufe 30 Minuten” wird “Ziehe Deine Laufschuhe an”
- Aus “Falte Deine Wäsche auf” wird “Falte ein Paar Socken auf”
Du kannst den Weg zu Deinem Ziel im voraus planen indem Du die Schwierigkeit skalierst. Angenommen Dein Ziel ist es einen Marathon zu laufen.
- Sehr schwer: Einen Marathon laufen
- Schwer: 10Km laufen
- Mittelschwer: 10.000 Schritte gehen
- Leicht: 10 Minuten gehen
- Sehr leicht: Deine Laufschuhe anziehen
Obwohl sich nicht alle Gewohnheiten in zwei Minuten erledigen lassen, so können zumindest die ersten zwei Minuten einer Gewohnheit durchgeführt werden. Daher ist das Ziel der “Zwei Minuten Regel” herauszuarbeiten wie sich der erste Schritt eines neu zu lernenden Verhaltens innerhalb von 2 Minuten erledigen lässt. Diese ersten zwei Minuten sollten sich nicht wie eine große Herausforderung anfühlen.
Beispiel der Zwei Minuten Regel
Angenommen Du nimmst Dir am Morgen vor, nach der Arbeit 5 Km zu laufen. Das klingt erstmal gut aber wenn Du nach hause kommst, bist Du müde und erschöpft von der Arbeit. Unter diesen Umständen hast Du vermutlich wenig Lust eine gute halbe Stunde oder sogar Dreiviertelstunde zu laufen. Statt auf das Ganze zu schauen, fokussiere Dich lediglich auf die ersten zwei Minuten. Zieh Deine Trainingskleidung an. Schnüre Deine Schuhe und fülle Deine Wasserflasche auf. Dann gehst Du nach draussen und schliesst die Türe hinter Dir. Das war es.
Wenn Du etwas tust, dass Du in zwei Minuten erledigen kannst, dann ist es egal ob Du den Rest auch noch tust oder nicht. Dass bedeutet, wenn Du nach draussen gegangen bist und die Türe hinter Dir geschlossen hast, dann könntest Du wieder zurück in die Wohnung gehen. Du hast Dein Ziel erreicht. Oftmals ist es aber so, dass sobald das Verhalten gestartet wurde, Du den Rest auch durchziehst. Es geht im ersten Schritt lediglich darum überhaupt eine Routine zu festigen. Im zweiten Schritt kannst Du die Gewohnheit dann optimieren und steigern.
Die Motivation kommt von alleine
Die Crux hierbei ist, dass die Motivation häufig von ganz alleine kommt wenn Du ein bestimmtes Verhalten erstmal angefangen hast. Oftmals denken wir, dass wir schon vor der eigentlichen Handlung motiviert sein müssten. Wir glauben, dass wir bereit sein müssten 45 Minuten zu laufen bevor wir überhaupt mit der Handlung beginnen können. Wenn wir uns allerdings das Ziel setzen lediglich die ersten zwei Minuten der Handlung auszuführen, dann können wir darauf vertrauen, dass der Rest in den meisten Fällen automatisch passieren wird.
Wenn Du das Gefühl haben solltest, dass Du Dich mit der Zwei Minuten Regel selber betrügst, dann kannst Du auch folgendes machen. Anstatt lediglich Deine Laufschuhe anzuziehen, kannst Du tatsächlcih laufen gehen. Allerdings nur für zwei Minuten. Danach musst Du stoppen. Irgendwann wirst Du Dir nach den zwei Minuten laufen denken “Wenn ich sowieso schon draussen und aufgewärmt bin, dann kann ich auch noch ein bißchen länger laufen”. Dann kannst Du die Intensität Deiner Routine Stück für Stück erhöhen.
Identität als Grundstein Deiner Routine
Ein anderer Vorteil ist, dass Du durch das Einhalten der Routine Deine Identität untermauerst. Die Identität der Person, die Du werden möchtest. Jedes mal wenn Du Deine Routine ausgeführt hast, legst Du einen weiteren Stein in das Fundament Deiner Identität. Selbst dann, wenn Du nach 2 Minuten wieder aufhörst. Auf unser vorheriges Beispiel bezogen heisst das, dass Deine Identität die eines Läufers ist. Dein Hauptaugenmerk liegt dann darauf, dass Du die Art von Mensch bist, die kein Lauftraining auslässt.
Das wird oftmals nicht so wahr genommen, da lediglich auf das Endresultat geschaut wird. Allerdings ist eine Liegestütze besser als keine. Eine Minute Gitarre spielen ist besser als überhaupt nicht zu spielen. Es ist besser eine Seite zu lesen als garnicht zu lesen. Es ist deutlich besser etwas für 2 Minuten zu machen als sich zu viel vorzunehmen und im Endeffekt überhaupt nichts davon zu realisieren.
Umsetzung in die Praxis
Ich hoffe, dass Du mit den Aufgaben der vorangegangenen Beiträge Spaß hattest. Das ist nämlich das wichtigste. Wenn Du an einer neuen Gewohnheit arbeiten möchtest, dann ist es eine gute Idee etwas zu wählen worauf Du Lust hast. Nicht etwas von dem Du denkst, dass es “eine gute Sache” wäre. Erst recht nicht solltest Du an einer Gewohnheit arbeiten weil jemand anderes gesagt hat, dass Du das tun solltest.
Mit diesem Wissen gewappnet kannst Du mit folgendem experimentieren:
1.) Schreibe auf welche Gewohnheit Du Dir aneignen möchtest.
2.) Schreibe auf welche Dinge Du in den ersten zwei Minuten dieser Gewohnheit erledigen kannst.
Weiterführende Informationen
Auf dem YouTube Kanal “Aha-Momente für Lehrer” ist nun der zweite Teil der Buchzusammenfassung von BJ Fogg’s Buch “Tiny Habits” erschienen.
Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen