Wir sind dem Irrglauben verfallen, dass uns materielle Gegenstände dabei helfen ein glücklicheres und vollkommeneres Leben führen zu können. Über die Jahre sammeln sich so eine Unmenge von Gegenständen im Haushalt an. Irgendwann merken wir, dass das Glück durch den Kauf eines neuen Gegenstands nur von kurzer Dauer ist. Schnell pendelt sich unser Glücksniveau wieder auf einem stabilen Level ein. Dieser Effekt nennt sich “Hedonistische Tretmühle”. Ebenfalls wird uns früher oder später schmerzlich bewusst, dass wir nicht unser Besitz sind. Als Ausweg bietet sich Minimalismus als Weg in die Freiheit an.
Rekapitulation des letzten Beitrags
Im letzten Beitrag ging es darum, dass unsere Fähigkeiten nicht für immer in Stein gemeisselt sind. Selbstverständlich hat jeder von uns bestimmte genetisch bedingte Grenzen aber wie Carol Dweck, Ph.D in „Mindset“ (Englisch Deutsch):schreibt, sind diese Grenzen unbekannt und unerkennbar. Eines steht jedoch fest. wir können nur wachsen wenn wir aus unserer Komfortzone treten. Dort ist es per definition unkomfortabel. Darüber Hinaus begegnen wir dort einigen unliebsamen Bekannten, wie zum Beispiel “Bedenken”, “Angst”, “Zweifel” aber auch “Fehler” und “Fehlschlägen”.
Zwei Schmerzen
Daher bleiben die meisten lieber in ihrer gemütlichen Komfortzone. Wenn diese Menschen sich mit genug externer Stimulation (z.B. Fernsehen, Internet, Videospiele) oder Betäubung (z.B. Alkohol) ablenken, dann wird ihnen vielleicht niemals bewusst welches Potential sie verschwendet haben.Falls es ihnen doch am Ende ihres Lebens bewusst wird und sie bereuen, dass sie ihr Leben vergeudet haben, dann ist es zu spät.
Es gibt zwei Arten von Schmerz, die Du in Deinem Leben erleiden kannst. Zum einen den Schmerz der durch Disziplin entsteht und zum anderen den Schmerz, der entsteht weil Du etwas in Deinem Leben bereust. Der erstere wiegt Unzen aber der letztere Tonnen.
Jim Rohn aus dem Buch “The Five Major Pieces to the Life Puzzle” (Englisch)
Aufmerksamkeit > Besitz
Seit einiger Zeit bin ich unzufrieden mit dem Ausmaß, den unser Haushalt angenommen hat. Da meine täglichen Routinen relativ gut eingespielt sind, verwende ich einige wenige Gegenstände sehr oft. Die meisten allerdings so gut wie überhaupt nicht. Gefühlt könnte das Verhältnis, gemäß des Pareto-Prinzips, ungefähr “80% zu 20%” betragen. Dieses Prinzip ist im Buch “The 80/20 Principle” (Englisch Deutsch) von Richard Koch, auf unterhaltsame und praxisnaher Weise, beschrieben.
Da wir in kürze umziehen, ist das die ideale Gelegenheit um sich von den überflüssigen Gegenständen zu trennen. Warum? Weil jeder Gegenstand ein kleines bißchen unserer Aufmerksamkeit beansprucht und das ist nunmal eines unserer höchsten Güter. Wenn nicht sogar DAS höchste Gut.
Volle Verantwortung
Da es nicht hilft unzufrieden zu sein und sich zu beschweren, habe ich stattdessen die volle Verantwortung übernommen, so wie es beispielsweise die besten Navy Seal Anführer tun. In dem Buch „Extreme Ownership „ (Englisch Deutsch) schreiben die beiden ehemaligen Navy SEALs Jocko Willing und Leif Babin: “Die besten SEAL Einheiten hatten Anführer, die die Verantwortung für alles übernommen haben. Jeden Fehler, jedes Versagen oder Defizit.” … “Die besten Anführer hatten ihr Ego im Griff, nahmen die Schuld auf sich, baten um konstruktive Kritik und machten sich detaillierte Notizen zu Verbesserungsmöglichkeiten. Sie übernahmen die volle Verantwortung und als Ergebnis daraus haben ihre SEAL Einheiten und Einsatzkräfte dominiert.”
Ich habe den Entschluss gefasst mich von den Gegenständen zu trennen, die ich nicht verwenden werde und zu denen ich keine emotionale Bindung habe. Die japanische “Ausmist-Ikone” Marie Kondo empfiehlt jeden Gegenstand in die Hand zu nehmen und sich zu fragen ob er einem ein Glücksgefühl bereitet.
Dieser Ansatz hat für mich nicht funktioniert. Es war schlichtweg die falsche Frage. Wenn ich eine meiner drei Gitarren in die Hand genommen habe, dann hatte ich ein Glücksgefühl. Gleichzeitig wusste ich, dass ich sie nicht benutzen werde weil ich die Entscheidung getroffen habe das Gitarrenspiel aufzugeben um Zeit für die Habit Academy verfügbar zu machen.
Auf die richtige Frage kommt es an
insofern war die richtige Frage für mich ob ich einen Gegenstand benutzen werde. Das hat es für mich einfacher gemacht mich von tollen Sachen zu trennen, die aber nicht mehr zu dem Lebensstil passen, den ich mich ausgesucht habe. Das fühlte sich so an wie eine Schlange, die ihre zu klein gewordene Haut abstreift. Sie hat ihr lange Zeit gute Dienste geleistet aber irgendwann beginnt eben ein neuer Lebensabschnitt.
Interessanterweise kommen umso mehr Gegenstände zum Vorschein, je gründlicher ich aufgeräumt habe. Irgendwann stellte ich mir die Frage wie es überhaupt soweit kommen konnte. Für mich gab es zwei wesentliche Gründe:
- Ich dachte, dass mich tolle Gegenstände zu einem besseren Menschen machen
- ich dachte, dass mich tolle Gegenstände glücklich machen
Beides ist falsch wie ich mittlerweile verstanden habe.
Du bist nicht dein Job!
Tyler Durden aus dem Film “Fight Club“
Du bist nicht das Geld auf deinem Konto!
Nicht das Auto, das du fährst!
Nicht der Inhalt deiner Brieftasche!
Und nicht deine blöde Cargo-Hose!
Heutzutage denke ich folgendermaßen über das was ich über Jahre hinweg praktiziert habe:
- ich habe wertvolle Rohstoffe für Dinge verschwendet, die ich nicht brauche
- Ich habe wertvolle Zeit und Energie bei der Recherche nach dem besten Produkt und dem besten Preis verschwendet
- Es wurde viel Geld für Dinge ausgegeben, die ich kaum benutzt habe
- Ich habe die Umwelt verschmutzt wenn ich geringwertige Dinge weggeworfen habe
- Ich habe wertvolle Zeit und Energie verschwendet um hochwertige Gegenstände zu verkaufen
Alles, was Du hast, hat irgendwann Dich
Je mehr Hausrat ich los geworden bin, desto leichter und freier fühlte ich mich. Da stellt sich mir die Frage wozu ich eine Hausrat versicherung brauchen sollte. Selbst wenn mein gesamter Hausrat einem Brand oder Wasserschaden zum Opfer fallen sollte, sind es tatsächlich nur sehr wenige Dinge die ich WIRKLICH brauche. Da ich nicht auf die edelsten Designermöbel angewiesen bin, könnte ich das notwendige für kleines Geld nachkaufen. Zur Not sogar gebraucht. In den Ruin würde mich das sicherlich nicht treiben.
Alles, was du hast, hat irgendwann dich.
Tyler Durden aus dem Film “Fight Club“
Je mehr Klarheit Du darüber hast, was Dir in Deinem Leben wirklich wichtig ist und je besser Deine Gewohnheiten eingespielt sind, desto weniger Gegenstände brauchst Du. Wenn ich mich beispielsweise dazu entschlossen habe keinen Kuchen mehr zu essen (Was übrigens eine gute Idee ist 😊), dann kann ich mich ohne Probleme von meinen gesamten Backutensilien trennen. Ich muß sie nicht aufbewahren weil irgendwann mal der Tag kommen könnte an dem ich Lust habe einen Kuchen zu backen. Und wenn trotz meiner Entscheidung irgendwann mal die Lust auf Kuchen aufkommen sollte, dann bin ich dankbar, dass ich keine Möglichkeit mehr habe zuhause backen zu können. Das ist James Clear’s drittes Gesetz um eine schlechte Angewohnheit loszuwerden: “Mach es Dir schwer dieser schlechten Gewohnheit nachzukommen”. Darüber schreibt er im Detail in seinem fabelhaften Buch “Atomic Habits” (Englisch Deutsch).
Übertrag in die Praxis
Das wirft folgende Fragen auf:
- Was ist Dir WIRKLICH wichtig im Leben?
- Was kannst Du heute tun um ein bisschen mehr Klarheit darüber zu erlangen? Tipp: Das funktioniert am besten in Ruhe und Abgeschiedenheit
- Wie gut sind Deine Gewohnheiten eingespielt?
- Was ist eine Sache, die Du heute tun kannst um eine hilfreiche Gewohnheit zu etablieren?
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