Wir leben in einer Gesellschaft in der wir pausenlos von Informationen überflutet werden. Unsere Aufmerksamkeit wird zum großen Teil von den Medien auf bestimmte Ereignisse gelenkt, die gerade den größten Absatz versprechen. Hunderte von E-Mails und Push-Nachrichten bombardieren uns jeden Tag. Jeder muß stets über das Tagesgeschehen in der Welt auf dem laufenden sein. Dieses Phänomen hat mittlerweile sogar einen Namen. Im Englischen heisst es “Fear of missing out” oder kurz einfach nur FOMO. Das bedeutet so viel wie “Angst etwas zu verpassen”. Dabei vergessen wir allerdings allzu oft, daß unsere Aufmerksamkeit unser höchstes Gut ist. Denn nur wenn wir sie nicht durch äußere Einflüsse lenken lassen können wir zu Ruhe kommen. Innere Ruhe ist extrem wichtig, denn in der Ruhe liegt die Kraft.
Kontrolliere Deine Stimulation
Es gibt verschiedene Studien die den Einfluß externer Stimulation untersucht haben. Die Ergebnisse sind Atemberaubend. Eine Studie fand zum Beispiel heraus, daß je näher Du Deinem (ausgeschalteten) Smartphone bist, desto abgelenkter und unkonzentrierter bist Du. Das ist selbstverständlich keine ideale Voraussetzung um großartige Leistungen zu erbringen.
In einer anderen Studie der Universität von Michigan, wurde der Einfluß von Facebook auf die Probanden untersucht. Dabei kam heraus, daß je mehr Zeit jemand auf Facebook verbringt, desto schlechter fühlt sich diese Person und desto unzufriedener ist sie mit ihrem Leben. Eine Komponente, die sicherlich dazu beiträgt ist der soziale Vergleich mit anderen Menschen.
Krank durch Fernsehen
in “The Upside of Stress” (Englisch) von Kelly McGonigal berichtet sie von einer weiteren unfassbaren Studie. Menschen, die mehr als 6 Stunden Nachrichten über den Bombenanschlag beim Marathon in Boston gesehen haben, der 2013 stattgefunden hat, hatten ein höheres Risiko posttraumatische Stress-Störungen zu erleiden als die Menschen die tatsächlich vor Ort und persönlich betroffen waren. Das ist verrückt aber wahr.
In einer anderen wissenschaftlichen Untersuchung wurde festgestellt, daß die Zeit, die jemand vor dem Fernseher mit Talk-Shows verbringt, direkt mit dem Ausmaß seiner Sorgen und Ängste zusammenhängt.
Wenn Du den Wunsch hast Dich zu verbessern, sei bereit bei belanglosen Themen ahnungslos oder dumm zu erscheinen.
Epictetus
Der gesamte Djungel brüllt uns an
In “One Spirit Medicine” (Englisch Deutsch) schreibt Alberto Villoldo, Ph.D., daß wir durch “Fernsehen und Internet mehr Stimulation in einer Woche ausgesetzt sind als unsere Vorfahren in der Steinzeit während ihres gesamten Lebens”. Diese geballte Informationsflut muß das Gehirn verarbeiten. Die Natur hat unser Gehirn so ausgelegt, daß wir mit einem einzelnen Löwen zurecht kommen aber nicht wenn uns der gesamte Djungel anbrüllt und über uns herfallen möchte.
Ein Reichtum an Informationen erzeugt eine Armut an Aufmerksamkeit und die Notwendigkeit diese effizient auf den Überfluss an Informationsquellen aufzuteilen.
Nobelpreisträger Herbert Simon aus dem Jahre 1971
Unser Unterbewusstsein nimmt Bilder sehr schnell auf. Es ist allerdings nicht in der Lage zwischen dem was jetzt und hier passiert von dem zu unterscheiden was an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit geschehen ist. Das heißt, wenn wir Bilder von Krieg, Drama oder Katastrophen im Fernsehen oder Internet sehen, dann reagiert das Gehirn so als wenn es direkt hier vor unseren Augen passieren würde.
Der Hippocampus ist der Teil des Gehirns, der die Kampf-oder-Flucht-Reaktion steuert, Wenn dieser mit bewegten Bildern einer potentiellen Gefahr stimuliert wird, dann schaltet er den Körper in den Alarmzustand. In diesem Zustand wird das Immunsystem herunter gefahren und die Zellregeneration gestoppt. Wenn das hin und wieder passiert ist das kein Problem. Geschieht dies aber ständig und andauernd, dann steigt langfristig das Risiko dadurch krank zu werden.
In der Ruhe liegt die Kraft
Was können wir also tun um diesen Aspekt unseres Lebens zu optimieren? Ich möchte die modernen Errungenschaften des Informationszeitalters auf keinen Fall per se verteufeln. Allerdings ist es sinnvoll bewusster mit den uns zur Verfügung stehenden Informationsquellen umzugehen.
Auf der anderen Seite schadet es uns bestimmt nicht mehr Zeit in Ruhe, Stille und Zurückgezogenheit zu verbringen um uns mehr mit unserem “inneren” statt dem “Internet” auseinander zu setzen. Dazu im folgenden eine brillante Passage aus dem Buch “The Power of Myth” (Englisch Deutsch) von Joseph Campbell: “Das ist heutzutage eine absolute Notwendigkeit für jeden. Du brauchst einen Raum oder jeden Tag eine bestimmte Zeit wo Du nicht weißt was am Morgen in der Zeitung stand, Du nicht weißt wer Deine Freunde sind, Du nicht weißt was Du jemandem schuldest oder Dir jemand schuldet. Ein Ort an dem Du Dir darüber bewusst werden kannst wer Du bist und was Du sein könntest. Das ist der Ort für kreative Ideen. Am Anfang wirst Du vielleicht feststellen das nicht viel passiert. Aber wenn Du so einen heiligen Ort hast und diesen nutzt, dann wird irgendwann etwas geschehen. “
Digitaler Minimalismus
In “Digital Minimalism” (Englisch Deutsch) von Autor Cal Newport schreibt dieser: “Sobald Du anfängst die Vorteile, die durch die Beschäftigung mit den eigenen Gedanken in Zurückgezogenheit entstehen, und die besorgniserregenden Effekte die in Bevölkerungsteilen auftreten, die dies überhaupt nicht tun, dann folgt daraus nur eines: Wir brauchen Zurückgezogenheit um als Menschen zu wachsen. Leider haben wir diese Fähigkeit in den letzten Jahren systematisch aus unserem Leben verbannt. Einfach gesagt, Menschen sind nicht dazu geschaffen ständiger Stimulation ausgesetzt zu sein.”
Habe Dich selber im Griff bevor Du andere führst
Ruhe und Zurückgezogenheit sind auch essentiell um andere zu führen wie uns Raymond M. Kethledge und Michael S. Erwin in ihrem Buch “Lead Yourself First” (Englisch) erklären. Sie schreiben: “Aber um dies zu tun musst Du zunächst Deine Ziele bestimmen. Das muß mit ausreichend Klarheit und Überzeugung geschehen, damit Du an Deinen Zielen festhältst – selbst wenn Du, zwangsläufig, so unter Druck gerätst, daß Du nachgeben möchtest. Um die erforderliche Klarheit und Überzeugung hinsichtlich Deiner Absichten zu erlangen, und um den notwendigen Mut zu haben Widerstände auszuhalten, brauchst Du etwas was man nicht unbedingt mit Führungsqualitäten in Verbindung bringen würde. Dieses Etwas ist Ruhe und Zurückgezogenheit”.
Große Zeitspannen
Zum Schluß noch ein Absatz von der Produktivitäts-Ikone Peter F. Drucker aus dem Buch “The Effective Executive” (Englisch Deutsch). Darin schreibt er: “Je mehr sich eine Führungsperson vom reinen beschäftigt sein hin zum Ergebnisorientierten Arbeiten verändert, desto größer werden die Zeitspannen die notwendig sind bis die Früchte seiner Arbeit sichtbar werden. Jedoch erfordert es ein gehöriges Maß an Selbstdisziplin und einem eisernen Willen “Nein” zu sagen um diesen halben Tag oder sogar die zwei Wochen hochproduktiver Arbeit verfügbar zu machen.”
Der nächste kleine Schritt
Zurück zu Dir. Welche kleine Veränderung kannst Du heute angehen um den Überfluss an Reizen, die auf Dich einprasseln, zu reduzieren? Was kannst Du tun um bewusster mit Informationsquellen umzugehen? Wie kannst Du es schaffen Dir mehr Freiraum zu schaffen um Dich mehr mit Deinen eigenen Gedanken zu befassen?
Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen